Montag, 1. Februar 2016

Von der Idee zum (fertigen) Konzept: Plot, Charaktere und Welt



Ideen aufschreiben


Ein neues Projekt beginnt mit einer Idee. Manchmal ist es nur eine Kleinigkeit, ein Detail, das einem im täglichen Leben begegnet und plötzlich zu einer Geschichte inspiriert. Das idyllische Naturbild im Park, die Besichtigung eines alten Schlosses oder nur die neugierige Nachbarin, die aus dem Fenster schaut und hinter der Tür lauscht. Manchmal kommt die Inspiration auch von Ideen Anderer - aus Büchern, Filmen, Spielen - und man fragt sich; Was wäre wenn? Was wäre... Wenn es eine Zaubererschule in Deutschland geben würde? Oder nicht Eragon Saphiras Ei gefunden hätte? Oder Mörder nicht die Bösen sind, sondern einem höheren Ideal dienen?


Idee und Impuls


Diese Idee, egal woher sie auch kommen mag, ist der Impuls. Er verleitet dazu, Gedanken weiterzuspinnen, sich in neue Situationen hineinzuversetzen und füllt Kleinigkeiten mit Leben. Doch wir alle wissen, dass es viel mehr erfordert, den Plot dann sowohl weiterzuentwickeln als auch niederzuschreiben. Zwar kann man versuchen, seine Idee an den Anfang einer Geschichte zu setzen und diese dann nach Belieben weiterzuführen, doch läuft man dabei häufig Gefahr, sich zu verrennen, irgendwann festzustecken und die Fäden nicht mehr in der Hand zu halten.

Nach dem Impuls sollte also die Planung kommen - die eigentliche Ideensammlung und -findung. Der Impuls wird durch verschiedene Rahmenkonstruktionen und Fundamente eingebettet und untermauert. Dabei ist es jedem Schreiberling selbst überlassen, wie viel Zeit und Aufwand er in dieses Konstrukt stecken möchte: Einige schreiben lieber aus dem Moment heraus, Andere müssen einen Roten Faden haben, dem sie folgen können, um sich wohl zu fühlen. Ich persönlich muss zumindest die wichtigsten Punkte des Plots geplant haben, um beim Schreiben in einen ungestörten Flow zu kommen.
Dazu zählen für mich auf jeden Fall der Anfang, aber auch das Ende.


Anfang und Ende


Vor allem, wenn man ein neues Projekt beginnt, hat man das Ende noch nicht im Kopf. Ich frage mich nun: Warum nicht? Es ist sowohl für den eigenen Schreibprozess als auch für die Geschichte und ihre Charaktere selbst wichtig zu wissen, worauf die ganze Handlung hinauslaufen soll. Man muss daran glauben, auch bis zum Ende durchzuhalten und zu schreiben. Da hilft es, dieses Ende in den Blick zu nehmen. Für die Protagonisten eines Romans gilt, dass sie die Geschichte antreiben, weil sie etwas Bestimmtes erreichen wollen. Erreichen - sowohl der Weg als auch das Ziel zählen für diesen Prozess. Natürlich muss einer Figur nicht zwangsläufig schon zu Beginn klar sein, wie es für sie ausgehen wird. Erstens würde das der Geschichte die Spannung nehmen und zweitens sind es gerade diejenigen Charaktere, die sich im Laufe der Handlung entwickeln und herausbilden, die faszinieren. Doch der Schreiberling sollte sich dessen bewusst sein - natürlich mit einem gewissen Spielraum, der Handlungsmöglichkeiten offen lässt.


Zwischenstationen


Das ist auch wichtig, um die Zwischenstationen inklusive Wendepunkt zu planen. Ich neige dazu Geschichten zu schreiben, die eine Heldenreise beinhalten. Die wichtigsten Stationen und Ereignisse dieser Reise überlege ich mir schon von vornherein. Das hat einerseits den Sinn, zu wissen, was dem Protagonisten an welcher Stelle begegnet und inwiefern er an dieser Begegnung wächst oder einen Rückschlag erhält, andererseits begrenze ich mich dadurch selbst. Im Laufe der Reise meines Helden fallen mir nämlich immer mehr Dinge ein, die ihm passieren könnten - oft eher unrelevante Aspekte für die eigentliche Handlung, die ein ohnehin schon umfangreiches Projekt in die Länge (und Seitenzahlen) ziehen. Meistens haben zu viele nicht zusammenhängende Ereignisse auch einen negativen Effekt auf den Leser, der sich erschlagen oder nach einiger Zeit sogar gelangweilt fühlt. Wenn ich mir aber schon vorher überlegt habe, was wichtig genug ist, um es in der Reise unterzubringen, kann ich der Versuchung einer weiteren interessanten Begegnung leichter entgehen.
(Interessante Begegnungen beinhalten übrigens meist interessante Nebenfiguren, die zusätzlich ausgearbeitet werden wollen. Das wiederum erhöht die Besetzung des Romans um weitere Personen - ein richtiger Teufelskreis.)

Ausnahmen mache ich nur, wenn sich aus der Entwicklung der Protagonisten zusätzliche Szenen ergeben oder ein tatsächlich genialer Einfall dazwischen funkt. Manchmal schiebe ich auch Details ein, ohne sie erzählerisch darzustellen und auszuschmücken. Sie existieren, um die (Fantasy-)Welt zu bereichern und lebendig werden zu lassen.


Wendepunkte


Eine Sonderstellung unter den Zwischenstationen nehmen die Wendepunkte ein - ob einer oder gleich mehrere, das hängt von der Geschichte ab. Wir haben inzwischen einen Start- und einen Zielbahnhof und dazwischen Stationen, die wir anfahren möchten. Auf dem gedanklichen Gleis, das war gerade erschaffen haben, sind Wendepunkte die Weichen: Der Weg verzweigt sich und es wird erst durch eine bewusste Entscheidung gewählt - eine Entscheidung für den einen, und gegen den anderen Weg. Man sollte darauf achten, die Entscheidung des Protagonisten sowohl mit der vorhergehenden Handlung begründen als auch mit der nachfolgenden Handlung vereinbaren zu können. Ausnahmen sind beispielsweise gewaltsame Eingriffe von außen: Der Protagonist wird plötzlich entführt. Aber auch in solchen Fällen ist es meines Erachtens wichtig, diesen plötzlichen Eingriff zwar spannend und unerwartet für den Leser zu gestalten, aber auch logisch begründen zu können. Ich versuche dabei Plots zu vermeiden, die nur ihrer selbst wegen existieren, aber weder die Geschichte noch die Welt und ihre Bewohner bereichern. Natürlich macht es Spaß, bestimmte Szenen zu schreiben, aber wenn sie nicht in das derzeitige Projekt passen, behalte ich sie lieber im Hinterkopf und benutze sie vielleicht als Impuls für eine neue Geschichte.


Charaktere


Die Entwicklung der Charaktere, die in den bereits geplanten Punkten auftauchen (noch einmal: Anfang, Wendepunkt, Zwischenstationen, erneuter Wendepunkt, Ende), erledige ich gleichzeitig. So versuche ich den ambivalenten Fall zu den Plots zu umgehen: Ich möchte die Figuren schon in der Planung so gut wie möglich in die Welt und den Plot einbauen, damit nichts fehl am Platze oder aufgezwungen wirkt. Ich überlege mir, welche Personen oder Personengruppen an den verschiedenen Stellen gebraucht und wann und wie sie eingeführt werden. Das war es meistens auch schon. Die Ausformung der Charaktere, ihre Macken, Stärken, Schwächen und äußerlichen Merkmale, erarbeite ich erst im Schreibprozess, wenn ich in dieser Situation gemeinsam mit dem Protagonisten auch wirklich drin stecke. Außerdem möchte ich mich mit einer anfänglichen Planung zwar absichern, aber nicht einschränken: Einige Mauern kann man immer noch abreißen und anderswo wieder aufbauen, die Fundamente und Stützbalken aber müssen bestehen bleiben. Verrückt oder entfernt man sie, wirkt sich das aufs ganze Gebilde aus - man muss es neu planen und aufbauen.


Die Welt


Plot, Figuren... fehlt noch die Welt. Auch diese versuche ich in die Planung zu integrieren und wieder gilt der Vorsatz: Genug vorausplanen, um darauf aufbauen zu können, aber nicht zu viel, um sich vor dem Schreiben zu drücken. Spielt meine Geschichte zum Beispiel ausschließlich in den Mienen, im Königreich der Zwerge, ist es nicht unbedingt notwendig, den hundert Meilen entfernten Elfenwald und die Kultur der dort lebenden Elfen zu entwerfen - solange das in der Geschichte keine Relevanz besitzt. Natürlich mache ich das für mich selbst, weil es mir Spaß macht, dann muss ich es aber auch von meinem derzeitigen Projekt abgrenzen können. Kommt beispielsweise ein Gesandter des Elfenvolkes zu den Zwergen, aus eben jenem Elfenwald, spielt in dem Moment nicht sein gesamter Hintergrund und seine weit entfernte Heimat eine Rolle. Da der Weltenbau ein weit verzweigtes Thema ist und mir noch viele andere Aspekte dazu einfallen, würde ich gerne irgendwann, in einem anderen Blogeintrag, darauf zurückkommen.


Planen


Jetzt habe ich ziemlich ausführlich beschrieben, was ich plane, bin aber noch nicht darauf eingegangen, wie ich das tue.

Ganz einfache Antwort: Mit Stift und Papier. Mir fällt es leichter, meine Gedanken einfach runterzuschreiben, als umständliche Grafiken zu entwerfen. So ist es auch weniger umständlich, etwas hinzuzufügen, sollte mir noch etwas zwischendurch einfallen. Manchmal male ich auch Mindmaps oder Charakter-Portraits und Landkarten. Da ich mich aber von Mindmaps zu sehr eingeschränkt fühle und für Zeichnungen nicht genügend Talent besitze, bleibe ich meistens beim klassischen Notizbuch. Oft denke ich mir die Karten auch erst während des Schreibens aus und füge sie nur als Skizze zu meinen Notizen hinzu. Geschöpfe und Menschen versuche ich so gut es mir eben gelingt so aufzuzeichnen, wie ich sie mir vorstelle - das mache ich aber nicht jedes Mal und nur für mich; eine Art kleines Lexikon zu der Welt, die ich erschaffe.

Nun, so geht es mir, aber es wird sicherlich Viele geben, die das anders handhaben und damit glücklich sind und weiterkommen. Man kann sich aber wohl darauf einigen, dass Gedanken, wenn sie strukturiert werden wollen, aufgeschrieben werden sollten - allein schon, damit man seine Ideen nicht wieder vergisst.

Bei der Ideensammlung lasse ich mir oft einige Tage Zeit, um neuen Einfällen Raum zu geben und Konzepte zu überdenken. Wenn ich gerade an einem anderen Projekt schreibe, müssen diese Ideen auch schon mal monatelang auf ihren Einsatz warten. Das prüft sie aber aufs Exempel: Befinde ich sie selbst nach einem halben Jahr noch als gut genug, um Mittelpunkt eines neuen Projekts zu werden, die Geschichte tatsächlich zu schreiben, hat sich die Zeit und Energie für ihre Entwicklung gelohnt. Dann werden sie wohl etwas taugen.

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