Donnerstag, 28. Januar 2016

Erfahrungen aus einer Schreibwerkstatt mit abschließender LitSession


In diesem Semester habe ich eine Schreibwerkstatt zum kreativen Schreiben besucht. Normalerweise bin ich eher jemand, der still für sich allein schreibt, aber ich wollte man etwas Neues ausprobieren. Und auch mal wieder mehr unter Leute kommen, sozusagen die "Soziophobie" überwinden. Wir haben uns alle zwei Wochen abends getroffen, über verschiedene und oftmals lustige oder skurrile Dinge geplaudert und eben geschrieben.
Meistens ist der Anlass ein Impuls gewesen, der von unserem Schreibwerkstatt-Leiter ausging.

Ich erinnere mich noch an die erste Aufgabe beim ersten Treffen: Draußen ist es bereits dunkel gewesen und man hat nur das ferne Läuten einer Kirchenglocke gehört. Ansonsten ist alles still gewesen. Das hat uns dann auch gleich als erstes Thema gedient: Wir haben das aufgeschrieben, was uns als erstes in dieser Situation, der Glocke, eingefallen ist. Jeder hat also drauflos geschrieben, wir haben aber nur etwa zehn bis fünfzehn Minuten Zeit gehabt - so genau weiß ich das gar nicht mehr. Am Ende sind dann ganz unterschiedliche Texte rausgekommen, sowohl Gedichte als auch kleine Geschichten oder einfach nur Gedankenspielereien. Es sind Maiglöckchen, eine Käseglocke, Kühe auf der Alm dabei gewesen - und noch andere Texte, diese sind mir aber wegen ihrer Eingängigkeit in Verbindung mit dem Thema noch im Gedächtnis geblieben.

Eine andere Übungen hat von uns gefordert, anhand von drei oder mehr vorgegebenen Begriffen einen Text zu verfassen, der eben jene Begriffe enthält. Das haben wir besonders oft gemacht, da es wohl die einfachste Form der Impulsgebung ist. Einmal ist die Aufgabe gewesen, über etwas oder jemanden zu schreiben, das oder der uns richtig wütend macht. Diese Wut ist dann auch beim gegenseitigen Vortragen zum Tragen gekommen - egal, ob es sich nun um eine Dachschräge handelte, an der sich der Autor jeden Morgen den Kopf stößt, oder um die beste Freundin, die einen hintergangen hat. Ein anderes Mal haben wir über unseren perfekten Tag geschrieben, wie wir ihn uns vorstellen würden.

Einige Ergebnisse und anderes Geschriebenes trugen wir dann gestern Abend auf unserer "LitSession" vor. Die Leute sind nicht in Massen gekommen - die Veranstaltung fand auch nur in einem kleinen Café der Uni statt -, aber es waren einige Leute da. Hauptsächlich Verwandte und Freunde der Vortragenden. Unser Schreibwerkstatt-Leiter übernahm die Moderation, stellte uns vor, und nacheinander setzten wir uns vor das Publikum und lasen vor, was wir geschrieben hatten. Gedichte wechselten sich mit Kurzgeschichten und Auszügen aus längeren Romanprojekten ab und jeder einzelne Beitrag war einzigartig. Man hörte gerne zu und obwohl ich die Texte schon allesamt aus der Probe kannte, begeisterten sie mich auch ein zweites oder sogar drittes Mal.

Ich selbst habe einen Auszug aus dem fünften Kapitel meines derzeitigen Projektes vorgelesen (Arbeitstitel: "Kind der Wüste"). Er setzte während der Flucht meiner beiden Hauptcharaktere ein und beschrieb im Grunde einen Dialog zwischen dem Hauptmann der verfolgenden Soldaten und dem flüchtigen Mörder. Ich habe diese Szene nicht unbedingt wegen ihrer Handlungsvielfalt ausgewählt, sondern wegen der innerlichen Zerrissenheit des Hauptcharakters, die dort besonders gut zum Tragen kam. Inwiefern das Publikum es als spannend empfand, kann ich nicht sagen - zumindest lauschten sie still. Ich war viel zu sehr darauf konzentriert die Stimmen mit der Betonung vorzutragen, die ich zu Hause geübt hatte; war selbst in meinem Text versunken, während die Bilder wie jedes Mal vor meinem inneren Auge vorbeizogen. Vielleicht konnten die Zuhörer sie auch sehen: die weite Felswüste, in der Ferne die Umrisse einer Stadt, das narbenentstellte, von Finsternis umgebende Gesicht des entflohenen Mörders, die Furcht und der Zorn in den Augen der Soldaten.

Das wünsche ich mir von meinen Texten: Dass sie andere das erleben lassen, was ich er erlebe, während ich sie schreibe.

Ich hoffe, die Schreibwerkstatt auch im kommenden Semester wieder besuchen zu können. Es hat Spaß gemacht sich mit anderen Schreiberlingen an einen Tisch zu setzen und Erfahrungen und Gedanken auszutauschen - und es war eine Abwechslung zu meinem normalen "Einzelgänger-Modus". Obwohl ich vor und während des Lesens ziemlich aufgeregt war und sie Selbstzweifel - Zweifel am eigenen Geschriebenen - wieder aufkamen, bereue ich es nicht, gestern Abend einen kleinen Teil meines Projekts mit Anderen geteilt zu haben.

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